- Juli 16, 2023
- Pfälzischer Merkur
Einzelhandel mit Internethandel vereinen

Das Stadtmarketing will die Menschen in die Stadt locken – mit handfesten Veranstaltungen wie dem Oldtimer-Treffen im September oder mit cleveren Online-Ideen wie alocalo, die Internet-Käufer zum Angebot der Zweibrücker Händler lotst.
Zweibrücken: Stadtmarketing und Gemeinsamhandel haben zu einem Händlertreffen ins Rathaus eingeladen.
Wie können lokale Geschäfte gegen Online-Riesen wie Amazon und Co. bestehen? Können sie das überhaupt? Schließlich ist Einkaufen bei Online-Händlern bequem und nur einen Klick entfernt. Eine Idee aus dem Saarland könnte dabei helfen, den lokalen Handel zu stärken. Sie greift nämlich genau dort an, wohin viele gerade abwandern – beim Online-Shopping. Hinter der Idee steckt das junge saarländische Startup alocalo mit Sitz in Friedrichstal. Die Philosophie ihrer Arbeit – dem lokalen Handel zu digitaler Sichtbarkeit verhelfen. Zwei alocalo-Vertreter stellten ihre Idee vergangene Woche beim Händlertreffen im Rathaus den Zweibrücker Einzelhändlern vor.
„Wir haben zunächst eine klassische Shopping-App und ein Portal entwickelt. Hier kann man ein beliebiges Produkt eingeben und bekommt dann angezeigt, wo man es bei lokalen Händlern findet“, erklärte Jannik Sachs. Das sei im Grunde nichts Neues, bislang einzigartig aber die Browser-Erweiterung, die sich mit nur zwei Klicks etwa im Chrome-Store installiert lasse und danach die Produktdaten von den aktuellen größten Onlineshops ausnutze. „Der Kunde wird quasi von Amazon zum lokalen Handel umgeleitet“, erläuterte seine Kollegin Anna Wirth. „Während man also bei einem der Online-Riesen nach einem Produkt sucht, blendet alocalo automatisch ein, wo es den gewünschten Artikel bei einem Geschäft ganz in der Nähe gibt. Mit einem Klick wird der Kunde dann zum lokalen Händler weitergeleitet. Übrigens oft sogar günstiger. Damit vereinen wir die Stärken des Einzelhandels mit dem Internethandel und leiten die Umsätze zurück zu den lokalen Händlern.“
„Und Amazon findet das gut. Müssen die das zulassen?“, fragte Thalia-Filialleiterin Martina Steinbeck. „Das Gute ist, dass das Programm nicht auf Amazon läuft, sondern im Browser des Kunden installiert ist. Deshalb ja, müssen sie“, antworte Jannik Sachs. Aus Händlersicht gibt es übrigens auch Angebote für jene, die keinen Onlineshop haben. Anna Wirt: „Grundvoraussetzung für alocalo ist aber ein stationärer Laden, nur ein Onlineshop geht nicht.“ Sie berichtete, dass es Umfragen zufolge sehr viele Kunden gebe, die gerne lokal kaufen würden, inzwischen aber die Einfachheit des Onlineshoppens für sich entdeckt hätten. „Ihnen geben wir nun die Möglichkeit, trotzdem lokal einzukaufen. Wir machen Türen auf, die vorher für den Einzelhandel geschlossen waren und geben dem Kunden, der schon bei Amazon ist, und vielleicht gar nicht weiß, dass sein Produkt auch lokal verfügbar ist, nochmals die Chance, lokal zu kaufen.“ Die alocalo-Idee war übrigens dem European Innovation Council (kurz: EIC) bereits 2021 2,3 Millionen Euro wert. Damit konnte das Team seine Retter-Software für den lokalen Handel technisch weiter verfeinern.
Ein weiteres Thema des Händlertreffens war das Gutscheinsystem KeepLocal, das St. Wendeler Unternehmer entwickelt haben, und das es seit gut zwei Jahren auch in Zweibrücken gibt. Die Gutscheine gibt es analog und digital, man kann eine App nutzen – und im Idealfall kann man in einem teilnehmenden Geschäft auch Gutscheine für alle anderen teilnehmenden Geschäfte kaufen. Eine weitere Besonderheit von KeepLocal ist der Mitarbeiter-Bonus – ein steuerfreier 50-Euro-Sachbezug von Unternehmen an ihre Beschäftigten.
Birgit Neuhardt erkundigte sich bei ihren Händlerkollegen nach ihren Erfahrungen mit KeepLocal. Eva Gab von Gewürze Schwab konnte hierzu nur Gutes berichten: „Ich denke, das Wichtigste bei KeepLocal sind die Mitarbeiterkarten und da kann ich nur an jeden Händler, an jeden Gastronomen appellieren, mitzumachen. Für die Unternehmen, die diese Karten ausgeben, ist es nämlich nur interessant, wenn auch wirklich viele mitmachen“, sagte Gab. „Tatsächlich habe sie Kunden, die hätten teilweise über 700 Euro auf ihrer Karte. „Kubota verteilt die Karten zu Weihnachten. Da kommen jeden Monat 50 Euro drauf, das ist enorm“, versichert sie. Das Schöne bei KeepLocal sei auch, dass es für die Händler „super einfach“ sei, findet Eva Gab.
Die Einzelhändlerin war übrigens Anfang Juni Mieterin im Zweibrücker Popup-Store. „Für uns war es genau die richtige Entscheidung, auf uns aufmerksam zu machen. Wir überlegen sogar, ob wir nicht längerfristig ein Geschäft in der Innenstadt eröffnen sollen“, so Gab.
Der Popup-Store ist übrigens eines der jüngsten Projekte des Zweibrücker Stadtmarketings. Neue Ideen gibt es aber auch für das Veranstaltungsangebot der Stadt. Dazu gehören in diesem Jahr das neue Marktfrühstück immer am ersten Samstag des Monats, darüber hinaus der Goldene Oktober mit verkaufsoffenem Sonntag und großem Mittelaltermarkt auf dem Schlossplatz am 30. September und 1. Oktober. Neu ist auch das Thema „Blaulichtfamilie“ beim vierten Verkaufsoffenen Sonntag am 4. November.
Fest steht inzwischen auch der Nachholtermin für „ZW gesund“. Dieser musste Anfang März wegen des Wetters abgesagt werden und findet nun am Samstag, 2. September statt, eine Woche vor dem Heimatshoppen und dem schon fast traditionellen Oldtimertreffen „Forever young“. Nächster Termin von Stadtmarketing und Gemeinsamhandel ist der „Zweibrücker Saarländer-Franzosen-Tag“ am Dienstag, 15. August.